Beseelt im Val Grande

Pfingsten 2025, unterwegs mit dem DAV Mannheim

Weniger als 6 Stunden Zugfahrt von Mannheim entfernt liegt er, der Nationalpark Val Grande, geschützt zwischen zerklüfteten Gipfeln und satten Berghängen, ein einzigartiges Tal, losgelöst von Raum und Zeit, geschützt als Naturreservat seit den 1980ern.

 

Natur pur

Natur pur

Sieben Gefährten machten sich dieses Jahr vom 7.  bis 11. Juni geführt von Cilli (Cäcilie Bauer) auf, zu erleben, was zwischen den Bergdörfern Trontano und Collora liegen möge. Im warmen Nieselregen stiegen wir nach dem ersten von zahlreichen Espressi hinauf zum Refugio Alpe Parpinasca (1210m), die Kuhglocken der Weideesel hießen uns Willkommen. Mit herzlicher Gastfreundschaft tischte die Wirtsfamilie am Abend traditionelle Polenta begleitet von Minestrone, Rotwein und Aprikosentarte für uns auf. Der Holzofen bollerte mollige Wärme.

 

Beseelt im Val Grande

Beseelt im Val Grande

Der nächste Morgen begrüßte uns wolkenverhangen, doch gestärkt von Morgenespressi  um Espressi (von Michael beherzt gelobt) ging es in frohem Gemüt hinauf zum Passo di Bassagrana (2070) zum zweiten Frühstück des ersten Wandertages. Den satten Berghang entlang durch blühende Alpenazaleen trug uns die „Nudelpower“, das Motto des Tages, zur Alpe Mottac, wo uns die Gams schon ankündigte. Bis zu unserem ersten Bivacco In La Piano (959m) sollte sich allerdings der sonnige Weg ziehen, doch der Charme der einfachen traditionellen Steinhäuser  entlohnte uns um ein Vielfaches. Die Sonne verschwand mit letzten wärmenden Strahlen hinter den Buchenurwäldern der Berghänge – und wir auf der Hängebrücke über dem Rio Fiorina – unbeschreiblich schön. Auch Profanes soll hier nun für alle Zeiten fest gehalten werden: Für 8 Val-Grande Wandernde bitte 1,45 kg Spaghetti plus 500g Pesto einplanen! Pasta Basta! J

Motto des Tages drei „Steil ist geil“. Sanft ging es zunächst durch die Buchenwälder bergauf, über die Alpe Val Gabbio zur ersten Badestelle des Tages. Bergbäche sind eiskalt, das braucht man nicht erwähnen, die Gumpen aber ließen kaum einen Wellnesswunsch unerfüllt, vom Fuß bis Kinn wurde alles gebadet („You can leave your hat on“). Steil und zerklüftet ging es danach teilweise im Grad T4 auf und ab, am Rio Val Gabbio entlang und drüber, die Überquerung reizvoll aber nicht ganz ungefährlich, Gott sei Dank nur eine aufgeschlagene Lippe (die formschön „gestript“ wurde 😉 ). Der Tag war heiß und die Mittagspause auf der Alpe Quagiui (1563m) bot Erholung und wenig Schatten. Bis in die 1930 wirtschafteten dort Bergbauernfamilien und lebten den Sommer über mit 100 Mitgliedern in den wenigen Steinhäusern ihr einfaches Tagwerk. Noch steiler gings dan hinauf zur Scharte Bocchetta dell`Usciolo (1860m) und ebenso hinab zur Alpe Stavelli – wir kamen mächtig ins Schwitzen und das anspruchsvolle, teils weglose Gelände forderte (fast) jeden von uns. Etwas versteckt birgt eine in den Fels geschlagene Nische eine kleine Madonna, die frische Blumen zierten – sind wir also doch nicht die einzigen? So wie es eigentlich scheinen mag, wandert man durch diese verzaubernd stille, unberührte Wildnis. Das kühle Nass des Brunnens der Alpe (oder war es doch die Trockenmango) stärkt uns für die letzten Serpentinen, die uns (natürlich steil) hinauf zu unserem zweiten Bivacco auf der Alpe della Colma führen. Auf dem grünen Bergkamm wartet das Steinhaus auf seine Gäste, und während Carmen und Claudia ein geeignetes draußi-Plätzchen für ihr Nachtlager suchen (ohne Isomattenabrutschgefahr) zaubern Ute und Cosima das leckerste Couscous, das ich jemals gegessen habe!! Als dann am Abend der Nebel den Berghang hinaufzieht und die Wolken den Bergkamm zur Nacht betten, zieht tiefe Ruhe in mir ein. Die Welt verschwindet hinter dem nächsten Bergkamm im Nebel, die Abgeschiedenheit des Ortes wird sichtbar. Ich bin tief berührt. Wir singen Cilli „Abendstille überall“ zur guten Nacht. Sie bleibt neblig, die feuchte Kälte zieht in den Biwacksack – doch wir harren aus.

 

Am vierten Tag gings dann steil mit uns bergab. Nachdem wir entspannt in den nebligen Morgen mit viel Kaffee und ordentlichem Muskelkater starteten warteten wir weiterhin auf die Sonne. Den kleinen Gipfelabstecher auf den Pizzo Proman ließen wir natürlich dennoch nicht links liegen – und dann gaben die Wolken die Sicht doch noch frei: auf die Monte Rosa. Das Gesprächsthema für den Vormittag war damit gesetzt. 1500 m ging es danach runter, das wollte gar nicht mehr aufhören … auch das Tagesmottos „Leichtigkeit“ schuf kaum Abhilfe.  Doch nach einem Anlegerkaltgetränk im Bergdörfchen Colloro und dem täglichen Zeckenziehen gab es eine warme Dusche in der urigen Pension Cà das Preu (bei Luca und Pia) und ein fabelhaftes italienisches Abendessen a la Carte – wie gut, dass Carmen fließend italienisch spricht ;-). Wir sind beseelt und glücklich und genießen zu Tische den lauen letzten gemeinsamen Abend dieser Tour. Den Absackerschnaps gaben Diana und Michael aus rührendem Anlass aus J.

Tag 5: es geht zurück in die oberrheinische Tiefebene. Wir steigen die letzten Höhenmeter (wo ist der Muskelkater hin?) nach Premosello-Chiovenda ab und nehmen den Bus nach Domodossola, von wo es nach der Mittagspause im Städtchen mit dem Zug nach Hause geht.

Danke für dieses Geschenk!

(es wanderten) Cilli, Diana & Michael, Cosima, Claudia, Carmen, Ute und Michael

Text und Bilder: Diana Tichy